Ich habs angekündigt und ich machs war: Hier mein Festivalbericht.
Camping
Das Taubertalfestival muss man meiner Meinung nach in zwei Bereiche unterteilen: Zeltplatz und Konzertplatz. Das ist der Grund, warum ich grundsätzlich jedes Jahr anreise und warum ich auch wenige Tage vorm Festival oft auf die Frage nach dem Line Up keine umfangreiche Antwort geben kann - der Campingplatz Berg allein, mit seiner wunderbar anarchistischen Stimmung, voll mit geilen Campkonstruktionen von Aussichtsplattform bis Yacht, vom militärisch erprobtem LKW bis zum Doppeldeckerbus ist da alles geboten und das alles mit entspannten, feierfreudigen Menschen angefüllt.
Das alles wird durch die vergleichsweise geradezu libertären Regelungen des Veranstalters ermöglicht. Wo man andernorts nichtmal ein Nutellaglas mit auf den Zeltplatz bringen darf ist auf dem Berg eigentlich alles erlaubt, das weniger als 7,5t wiegt.
Und es war mal wieder geil. Dieses Jahr hatte ich durch die gute Stimmung im Camp irgendwie wenig Gelegenheit meine sonst obligatorischen Wanderungen über den Platz zu unternehmen und hab daher wenig ausgefallene Camps gesehen (außer natürlich das Planschercamp, das ja auch etwas besonderes ist).
Es war aber geil. Habe mich auch tatsächlich mal nachts, als im Camp wenig los war, auf den Weg gemacht und einfach mal in anderen Camps gefragt ob ich mich auf ein Bier und ein Gespräch dazusetzen könnte und was soll ich sagen, das hat richtig gut funktioniert. Super Stimmung auf dem Berg also.
Geduscht wird auf Festival nicht - außer man hatte vorher keine Gelegenheit eine festivaltaugliche Frisur zu erhalten, wofür man dann tatsächlich mal zur Dusche geht. Ich muss sagen: Der Anbieterwechsel war, denke ich, eine gute Idee. Die neuen Duschen gefallen, durch die Gruppenabfertigung scheint auch alles viel schneller zu gehen. Ich gebe nur zwei Empfehlungen ab: Frauen duschen tendenziell häufiger - vielleicht sollte man einfach zwei Duschcontainer für Damen anbieten?
Ferner scheint das Nadelöhr in den Duschen im doch recht knapp bemessenen Umkleidebereich zu liegen. Vielleicht kann man den vergrößern oder teilweise auslagern?
Bezahltoilette nur einmal als Nebeneffekt mitgenommen, da Privatdixi im Camp (Luxuscamping!). Sehr sauber, coole Idee mit dem kleinen Handwaschbecken in jeder Kabine.
Konzert
Das Line-Up war für einen Fan der härteren Spielarten dieses Jahr ein bisschen Mau gewesen. Dafür gab es für Fans der elektronischen Musik richtig viel zu sehen. Ich bin von dieser schleichenden Änderung zu Ungunsten von Metal und hartem Punk hin zu Rap, Elektro und Dubstep nicht angetan.
Fürs nächste Jahr wünsche ich mir jedenfalls wieder ein Line Up im Stile von 2011 - das war wirklich gigantisch gut.
Durch das schwache Line Up wurde viel Zeit im Camp verbracht (siehe mein Liebeslied an den Campingplatz oben).
Die von mir gesehenen Bands im Einzelnen:
Bembers and the Masserfaggers: Jedem das seine. Ist echt nicht so meine Sorte Humor.
... And You Will Know Us By The Trail Of Dead: Der größte Etikettenschwindel der Rockgeschichte. Dieser Name für so ein schwülstiges, langweiliges Rumgezupfe - verrückt. Kann ich mich nicht mit anfreunden.
The Editors: Die einzige New Wave, die ich gut finde ist die New Wave of British Heavy Metal. Habe ich nur ertragen um die Ärzte zu sehen.
Die Ärzte: Zugegeben, das war für mich das erste Mal Ärzte live. Und ich habe den Zugang zu den Ärzten auch erst im vergangenen Jahr gefunden und finde sie auch ganz toll. Daher fand ichs schon cool die überhaupt mal zu sehen. Die Stimmung beim Auftritt war - jedenfalls bei mir - gut. Gerne wieder.
Jennifer Rostock: Waren bisher bei mir unter "Popschrott" verortet, waren aber für mich eine Überraschung. Sicher - das teilweise ins offen pornografische abrutschende Bühnengehabe der Frontfrau ist durchaus kalkuliert dazu da über gewisse Schwächen hinwegzutäuschen. Aber hören kann mans dann doch echt gut.
Skunk Anansie: Ich habe die das letzte Mal als sie im Tal waren verpasst (bzw. ging nicht davon aus, dass sie meinem Geschmack entsprechen würden [kannte sie vorher nicht und der Pocketplaner ist manchmal doch zu blumig]). Dieses Mal aber angesehen und mein lieber Freund, das geht richtig geil ab. Hammer Show, gute Musik. Ein weiterer Überraschungshit für mich (dafür ist das TOA da).
Subway to Sally: Ich muss sagen, ich habe mich bei Subway to Sally immer insbesondere mit dem Frühwerk beschäftigt. Foppt den Dämon!, Bannkreis und so. Mittlerweile sind sie, wie ich gemerkt habe, deutlich härter geworden. Aber das gefällt durchaus (außer meinem Nacken, der vor lauter Headbangen immer noch schmerzt). Mittelaltermetal vom feinsten. Macht Spaß.
Flogging Molly: Für mich das Highlight überhaupt und das absolute Muss. Und sie haben nicht enttäuscht. Dave King ist ein hochsympatischer Frontsänger und natürlich stellte die Band auch wieder die Guinnessversorgung in den ersten Reihen sicher. Und die Stimmung kochte auch, insbesondere in der Moshpit gings richtig ab.
Leider muss ich hier auch eine Kritik einschieben, die nicht die Band betrifft. Es war auch schon das letzte Mal so, als Flogging Molly im Tal war. Der Boden vor der Bühne wird bei gutem Wetter extrem staubig. Bei Klatsch-und-Rumsteh-Bands fällt das nicht weiter ins Gewicht. Bei Bands, zu denen hart und viel gesprungen und gemosht wird dagegen wird der Staub mehr als nur unangenehm. Ohne Staubschutzmaske hat man es ja kaum länger als ein Lied vorn ausgehalten (und da sich eine große Menge Besucher vermummen [müssen] kann auch nicht im Interesse des Sicherheitskonzepts sein). Es ist mir unbegreiflich, warum hier nicht vorher der Boden gewässert werden kann und stattdessen die feierfreudigen Besucher vorn eine Staublunge risikieren. Wäre ich ein Böser, ich würde sagen "Naja, das sind halt Punkfans und keine Elektrofans, die braucht eh keiner". Aber das wäre unsachlich.
Zurück zu Flogging Molly: Prädikat sehr gut.
Ansonsten habe ich nur mal hie und da reingehört und möchte mir kein Urteil bilden. Kritisiert sei an dieser Stelle auch das Abmischen. Besonders bei Subway to Sally und Flogging Molly (aber nicht nur da) war das strecken- bis stellenweise unterirdisch. Es muss doch eine Möglichkeit geben dass zumindest jemand, der mittig in geziemendem Abstand zur Bühne steht nicht nur Frontsänger, Bassdrum und vielleicht noch einenen entfernt an irgendwas Gitarriges erinnernden Klangbrei abbekommt. Ich bin kein Ingenieur. Kann man das nicht besser machen? Zur Not auch auf Kosten der Lautstärke.
Konzertgelände:
Neue und altbewährte Essenstände, sehr fein. Fand die Preise auch durchaus angemessen.
Das Beck's schmeckte mal wieder komisch und betrügerisch eingeschenkt wurde auch. Aber immerhin wurde das Problem erkannt, es gab an jedem Stand ein Schild, dass zu Beschwerden aufrief. Ich habe auf dem Platz nicht genug Bier getrunken um mich selbst zum Beschweren vor Ort aufzuraffen, also will ich jetzt auch nicht zuviel weinen. Und jetzt mal ein Satz mit dem ich mir Feinde mache: 0,4l Bier für 3,30 € geht voll in Ordnung. In der Stadt meiner geliebten Alma Mater zahle ich auf der Feiermeile im Regelfall auch nicht weniger. Da erwarte ich nicht auf einem Festival weniger zu zahlen.
Leider hat es sich dieses Jahr gar nicht ergeben dass ich dem Supermarkt Tal einen Besuch abstatte. Der hatte ja immer geiles Biergartenfeeling mit billigem Gutmannweizen und Landwehrhellem - habe aber gehört hier gibts nen Anbieterwechsel. Kann nicht viel dazu sagen, vielleicht trinke ich nächstes Jahr wieder mehr unten.
Der Stand, der im Camp nur unter dem Namen "Österreich" bekannt war und Werbung für das Bergfestival und das Skiopening machte, war richtig gut. Geniales Marketingkonzept. Auch die Erweiterung des Geländes auf diese "Zunge" inklusive Sitzgelegenheiten und Stromanschlüssen (ich nehme an zum Smartphoneaufladen - ich trau mich eh nicht mein Handy mit runterzunehmen, das verliert man in der Pit nur - oder für Toaster und Sandwichmaker... wäre die Mitnahme von Sandwichmaker, Toast, Wurst und Käse erlaubt?) - richtig guter Entspannungsbereich mit regelmäßiger Schnapsüberraschung. Falls irgendmöglich beibehalten.
Sonstiges Gedöns
Dinge die mir sonst noch aufgefallen sind:
- Wenige Turbojugendliche gesehen, mit denen konnte man wenigsten saufen
- Burritos sind gar nicht so scharf wie erwartet, man hätte zum Nachwürzen am Stand stehen bleiben sollen
- Ich habs verpasst mein Planschershirt zu bestellen, verdammich.
- Biergarten gegenüber dem Festivalgelände ist immernoch ultragut
- Erstes TOA bei dem ichs nicht nach Rothenburg rein geschafft habe, spricht für den Zeltplatz
- Ultragutes Wetter
Abschließend mein Dank an die Organisatoren des Tauberplanschercamps für deren Einsatz. War wieder geil.