Ich war am Wochenende auf dem Wacken und es war alles eigentlich so, wie erwartet. Es gab Matsch, Sonne, gute Bands, schlechte Bands, den langweiligsten Zeltplatz der Welt und noch langweiligere Besucher und einige kleine Lichtblicke. Aber auch das war ja schon vorher klar.
Also, der Reihe nach: Anreise am Mittwoch. 10h im Auto verbracht, aber schnell einen Zeltplatz ohne Anstehschlange zugewiesen bekommen. Bedenklich war, dass wir schon vollgas durch einen Schlammsee mussten, bevor das Auto zum Stehen kam. Wir hatten bei der Zeltplatzlotterie überhaupt kein Glück und strandeten, wie ein Mitfahrer so schön meinte, offenbar am Abflussloch vom gesamten Zeltplatz. Naja, auf dem Wacken zeltet man auf Futterwiesen neben dem Auto, falls das einige noch nicht kennen. Also, wie gesagt, Zelt aufgebaut, da schon Wasser in den Schuhen und Matschepampe am Zeltplatz gehabt. Mei, is halt so. Wir sind dann auch aufgebrochen zu den ersten Bands. Laufweg mit gut 10 Minuten bis zum Einlass war echt super. Beim Wacken wird von Mittwoch bis Samstag bespielt, wobei Mittwoch und Donnerstag nur die "Kleinen" Bühnen und noch nicht das Hauptgelände betretbar sind. Also, Bändchen und den gut gefüllten Wackenturnbeutel abgeholt und dann schon das erste Ärgernis: am Wacken bekommen sie es nicht hin, am Einlass überall Frauen zum Abtasten hinzustellen. Gut, das Verhältnis Frauen:Männer ist ungefähr 3:1 und die typische Metallfrau ist in 9 von 10 Fällen einfach ein fetter Blobb, aber trotzdem war eine sehr lange und ärgerliche Schlange. Dadurch haben wir
Ugly Kid Joe verpasst, die ich aber zum Glück schon letztes Jahr auf einem Solokonzert gesehen habe. Im Nachhinein habe ich auch erfahren, dass das Zelt wohl eh wegen Überfüllung zu war, von daher ist das nicht so schlimm. Dennoch wäre eine Einblendung über den Einlässen am Digitalband schon schön gewesen. Am nächsten Tag wussten das alle und dann gings zwar immer noch langsam, aber es war ok.
Erste Band des Abends waren dann die
Boomtown Rats mit Bob Geldof, was ich gar nicht wusste und das war schon ein sehr guter Auftritt. Hat mir gefallen, auch wenn er sich über die mangelhafte Zuschauerbeteiligung beschwert hat, aber das ist bei den Leuten am Wacken eben so. Die gehen einfach nie bei irgendwas mit. Als Künstler würde ich mir da schon echt verarscht vorkommen. Das Publikum dort ist echt scheisse. Zitat des abends von Bob:"I waer this awesome golden Suit und you just have theese fucking black T-Shirts!" Ich hab gelacht. (hatte auch was rotes an, damit man mich am ersten Tag leichter findet)
Danach gings wieder zum Zelt und dann war auch noch ein wenig Nachbarsitzen und dann um halb 2 glaub ich Bettzeit - wir waren die letzten in unserer Ecke. In unserer Ecke wars schon verdammt unfestivaleskes Publikum, generell auch eher untauglich. Der Festivalzeltplatz ist auf dem Wacken fast ein kompletter Totalausfall. Das liegt vielleicht auch ein wenig an der Altersstruktur, weil die Leute eher älter sind, aber da geht echt gar nichts. Keine Party, kaum nette Camps und, wie ich gehört habe, sogar eine Polizeianzeige wegen Ruhestörung durch einen im Zelt, der sich von den Nachbarn gestört fühlte. Vollkommen lächerlich.
Gut, Donnerstag, Regentag. Am Vormittag gabs einen richtig heftigen Regen, der 2/3 der umliegenden Pavillons gekillt hat und unsere eh schon nasse Wiese in ein einziges Schlammloch verwandelt hat. Unserer hat zum Glück überlebt, wobei an jeder Ecke einer hing, der danach komplett durchnässt war. Ja, und den Sumpf an unserem Platz haben wir das ganze Wochenende nicht mehr losbekommen. Die Wasserfläche nebenan war komplett geschlossen und ca. 15cm tief. Angeln hätten wir vielleicht können. An unserem Platz sind wir ca. 10 cm bei jedem Schritt im Sumpf eingesunken. Aber geht schon. Die Erinnerung an den Spielplan hab ich jetzt nicht mehr so parat. Kann sein, dass ich in der Reihenfolge durcheinander komme.
So, am Donnerstag gings bei meiner Oldschool-Tour erstmal zu den
Clawfingern. Die waren echt erstaunlich fit, der Auftritt hat mich nicht so mitgerissen. Für Fans wars aber bestimmt toll, die mal wieder zu sehen. Dieses Jahr waren sehr viele Wacken-Untypische Bands am Start, die mich erst ne Karte kaufen ließen. Das haben glaub auch mehrere so gemacht. Weiter gings zu
Status Quo und die hams ja mal richtig drauf. Klasse Auftritt der alten Herren, die alle aussehen, wie Bankfilialleiter. Solider guter Rock, gute Laune bei der Band und natürlich wieder mal die pure Lethargie vor der Bühne. Das kann gerne als copy-paste bei jedem Auftritt so genommen werden.
Ich merk grad, ich bekomme die Reihenfolge überhaupt nicht mehr auf die Reihe. Also nur noch so, wie es mir jetzt einfällt.
Kissin Dynamite: Mitgenommen, weil danach gleich Dog eat Dog an selber Stelle gespielt haben und die haben richtig reingehauen. Größere Action habe ich das Wochenende nicht gesehen. Die sind ja wirklich wie eine Band, die aus einer Marketingabteilung kommt, um die ganzen Fans abzugreifen, wenn deren musikalische Vorbilder schon alle tot sind. Es ist nicht meine Musik, aber die haben schon Laune gemacht. Es klingt bei denen halt alles wie wenn es 30 Jahre alt wäre inklusive der Bandoptik.
Anschließend
Dog Eat Dog. Frisch, super aufgespielt alles am Start. Die neuen Sachen fand ich nicht so toll, aber das alte Zeug ist schon schwer zu erreichen. Zitat:"Hey, watch out our new Sax-Player. Probably the only sax on the whole Wacken-ground!"
Dann noch irgendwann
Russkaja. Ja, war wie immer. Hab die einfach schon zu oft gesehen.
OK, am Abend dann der Aufreger des Wochenendes:
Marilyn Manson oder auch: die größte Frechheit seit HIM! Zum Glück hab ich ihn vor 10 Jahren schonmal gesehen und damals wars nur noch geil. Fetter Sound, geile Stimme, pure Energie. Diesmal: ein fettes geschminktes etwas (und damit meine ich nicht die ganzen Metal-Mädchen), das keinerlei Stimme mehr hatte und auch keinen Bock und dazu noch total voll war. Hat öfter mal sein Mikro weggeworfen, zwischen den Liedern z.T. 5 Minuten Pause, wo die Bühne einfach dunkel war, 20 Minuten zu spät angefangen, Beleidigungen des Publikums, das nicht mal darauf reagiert hat. Bei normalen Menschen wäre der sowas von ausgebuht worden. Aber: Wacken-Publikum....
Es war so derbe leer am Ende des Konzerts. Am Anfang hast du dich kaum vor die riesige Hauptbühne drücken können und am Ende wars richtig kalt, weil zwischen den Grüppchen ein paar Meter Platz waren. Er hat viele bekannte Lieder "gespielt", aber es war einfach ein Armutszeugnis. Der sollte lieber aufhören, bevor er nur noch sowas hinbekommt. Das war echt, wie schon geschrieben, in einer Kathegorie wie HIM auf dem Taubertal, falls sich noch wer erinnert.
Dann noch
Turbobier im Biergarten. War sehr launig, hat mir gefallen, österreichisch in Norddeutschland zu hören, ist lustig.
Auf der Mittelalterbühne hab ich immer wieder in irgendwelche Spielleut-Bands mit seltsamer altgermanischer Schreibweise reingeschaut. Das war alles recht kurzweilig, aber ebenso schnell wieder vergessen.
Versengold,
Mr. Irish Bastard oder
Corvus Corax fallen mir da gerade ein. War aber alles null mitreißend und halt einfach "noch so eine Band". Nix Besonderes.
So, kann sein, dass ich da jetzt noch was vergessen habe, aber meine Highlights waren am Schluss.
Alice Cooper! So spielt man sein altes Set, Herr Manson! Es ist echt eine Verschwendung, dass der Penner im Dunkeln den Hauptslot hatte und Alice bei Tag spielen musste. Aber das war beeindruckend: der hatte Bock, eine Wahnsinnsbeweglichkeit für einen fast Siebzigjährigen und eine immer noch tolle Stimme. Und natürlich hat er seine Horrorshow abgezogen. Er wurde elektrogeschockt, hat mehrere Darsteller ermordet und wurde geköpft.

Das war gaaaaaaaaaaanz großes Kino und ich verneige mich vor so einem klasse Musiker mit einer sauguten Band. Klar, der alte Knabe braucht immer wieder zwischendurch eine Pause zum Luftholen oder zum Umziehen, aber das ist der Unterschied zum Manson: Alice Cooper schätzt seine Band und lässt die halt dann so lange ihr Können präsentieren und bedankt sich hinterher auch noch bei denen. Phantastische Musiker, die er da hat, ein super Zusammenspiel und ich könnt den morgen gleich wieder anschauen. Ich bin wirklich vollständig begeistert.
Und danach ein komplett anderer Rahmen, aber ein nicht minder geiler Auftritt von
TV Smith mit Vom Ritchie von den Hosen im Biergarten. Am Anfang waren es vielleicht 50 Hansel vor der Bühne, aber jeder ist da stehen geblieben, der zufällig rangelaufen ist. Am Schluss wars gut gefüllt und das hat er sich verdient. Sehr sympathisch, klasse Stimme, netter Publikumskontakt (der kann ja richtig gut Deutsch) und tolle Lieder.
Zitat:"Hey, Vom, what are you drinking?" - "Weißweinschorle!" - "Hey Vom, you really rock!"
Das war ein super Abschluss und wars wert, die Reise in den Norden zu machen. Wären die Bands nicht so gut gewesen und wären nicht so viele gewesen, wo ich gesagt hätte "Die sehe ich entweder dort oder nie wieder!", dann hätte ich das nicht gemacht. 10 Stunden hinzu, 12h zurück. Dazwischen Matsch und null Stimmung bei diesem lausigen Operettenpublikum. Ne, also, sollte ich nicht irgendwann mal ganz in der Nähe wohnen und das Lineup wieder so stark für mich sein, dann überlege ich es mir vielleicht nochmal. Aber wenn alles so bleibt, dann war das mein letztes mal Wacken. Das ist kein Festival, das ist ein Konzertwochenende und so vergreist bin ich noch lange nicht und werde ich hoffentlich auch niemals werden, dass ich das so wie die Besucher dort nochmal begehen möchte.
Bands:
Stimmung und Unterhaltung:
Gelände am Konzert: einfach phantastisch. Mittelalterdorf, viele Bühnen, Plaza, Wasteland-Bereich. Das ist schon super, was da an Beiwerk geboten wird. Die Feuershow war auch klasse! Und das gibts da alles einfach als Dreingabe.
Infrastruktur:

naja, ewig weit zum Duschzelt, ob des Sumpfgebiets Dixies leider in über 5 Minuten Laufweg, die aber immer schön sauber waren. Bei uns in der Nähe wäre der Dixietruck halt einfach stecken geblieben. Die Sumpflandschaft ist da einfach so. Da mach ich keinem einen Vorwurf. Das weiß ja jeder schon vorab und das ist auch ok. Wir hatten mit der Zuweisung einfach Pech, aber auch das ist in Ordnung.