Vorweg zum Ton der laufenden Rassismus-Debatte hier:
1. Auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein. (Vanny van Dannen)
2. Kottsack hat euch mit dem N-Wort gezielt getriggert und ihr habt angebissen und das noch nicht mal gemerkt. Respekt für Kottsack für die kommunikative Variante, Schande über die SJW-Snowflakes der Wokeria, die es einfach nicht lernen und drauf anspringen. Immer und immer wieder.
Sodele, und jetzt zum Thema Taubertal-Festival:
Aus Gründen konnte ich dieses Jahr leider nur am Freitag da sein und hab wegen der Sperrung des Engelbergtunnels auch noch Itchy verpasst

Meine Eindrücke sind daher stark eingeschränkt, weil ich genug damit zu tun hatte, Leute zu treffen und daher nichtmal alle Stände gesehen hab. Bevor ich meine Positiv/Negativ-Liste aufführe, noch eine kurze Einführung in Festival-Management:
1. Line-Up: Wer über die spielenden Bands und unverständliche Headliner jammert, muss bedenken, dass der Großteil des Line-Ups bereits für 2020 geplant war. Damals wussten zumindest ein paar Leute, wer AnnenMayKantereit ist.
2. Biervertrag: Das Spiel läuft so, dass KARO einen mehrjährigen Deal mit Beck's abgeschlossen hat. Die Einnahmen aus dem Vertrag sind wohl ziemlich relevant für die Gesamtkostensituation. Beck's hat damit das Exklusivrecht für das gesamte Festivalgelände. Das ist auch der Grund, warum selbst in den Supermärkten kein Bier der Rothenburger Landwehr-Brauerei mehr verkauft werden darf. Als das noch so war, sind die Leute reihenweise in den Supermarkt im Tal und haben sich dort die Becher mit Landwehr gefüllt und sind zurück zum Konzert. Beck's hat das aber mitgekriegt und abgewürgt. Gäbe es den Biergarten nicht, hätte man gar keine Chance auf gescheites Bier. Jedenfalls kauft Becks das Exklusivrecht und liefert das Equipment. Der Ausschank vor Ort läuft dann aber über das Catering. Vor ein paar Jahren war die Lage echt mal richtig schlimm und ich habe Beck's bzw. AB Inbev direkt kontaktiert. Das hat wohl einen ziemlichen Anschiss beim Catering-Dienstleister gegeben.
3. Catering-Dienstleister: KARO organisiert das Catering nicht selbst. Auch hierzu gibt es wieder einen Vertrag mit einem großen Dienstleister. Das ist Kegel Impuls. Die sind wohl recht dick im Geschäft bei Festivals. Die Bierlogistik kommt dann wegen dem Exklusiv-Vertrag von Beck's. Inklusive Vorschriften für zu verwendende Becher und das Spülmittel dafür. Letzteres wirkt sich dann auf die Qualität aus. Die Konzession an die Food-Trucks werden auch von Kegel vergeben, ob KARO da noch was mitredet und die noch zusätzlich die Hand aufhält, weiß ich nicht. Ich denke aber, dass Kegel einen Paketpreis bezahlt und dann nach unten eigene Konditionen vergibt. Der Herr Kegel soll lt. verschiedenen Gesprächen nicht der netteste Mensch sein. Aber Jörg, der für die Abwicklung verantwortlich ist, bemüht sich echt darum, dass alles läuft. Und das auch bei steigenden Preisen zumindest das Wasser bei 1,50 € noch fair zu bekommen ist. Oder das es zumindest an ein paar Ständen auch Spaten gibt. Die gehören ja wie Beck's auch zur ABInBev Gruppe. Und bei der Essensauswahl hat er ja meistens ein halbwegs gutes Händchen.
4. Bierläufer: Vor ein paar Jahren hatte ich mit Jörg schonmal über die Läufer geredet. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber soweit ich mich erinnere, hat er gesagt, dass den Job kaum einer machen will, außer denen, die es aktuell tun. Das ist echt kein Spaß, mit so nem Faß auf dem Buckel über den Platz zu laufen. Im Gegenzug kann man aber halt auch einiges nebenbei kassieren. Ob die Läufer als "Selbstständige" laufen oder von Kegel eingestellt werden, weiß ich nicht. Jedenfalls werden sie nach Fässern abgerechnet. Angenommen, du kriegst 100 Becher aus nem Fass und musst dafür 400 € an Kegel blechen, dann guckst du halt, dass es vielleicht auch für 120 Becher reicht. Deshalb werden die Becher besonders bei den Läufern gern mal unter Eich ausgeschenkt. Das wiederum ist Kegel natürlich ein Dorn im Auge, den zum einen fällt der Ärger auf sie zurück (Becks kriegt es zuerst ab, siehe oben, aber am Ende ist der Dienstleister schuld) und zum anderen fühlt sich Kegel selbst betrogen. Auch beim Rausgeld und Gesamtpreisrechnen gibt es wohl regelmäßig "Schwierigkeiten". Ob das bei einer größeren Diversität der Läufer anders wäre, wage ich nicht zu beurteilen. So oder so stellt sich die Frage nicht. Du musst für den Job die Leute nehmen, die ihn machen wollen und physisch dazu in der Lage sind. Ach und zu dem Einwand "dann soll Beck's halt mal gescheite Löhne zahlen".... kann Kegel (Beck's ist wie gesagt nicht zuständig) gern machen, aber da ihr hier gleichzeitig über die hohen Bierpreise jammert, gibt es da wohl einen Zielkonflikt. Wegen den Läufern eine Rassismus-Debatte anzufangen, ist absolut unnötig. Sonst können wir auch eine Gender-Debatte anfangen, warum denn die jungen hübschen Damen immer vorne an der Ausgabe bei der Theke stehen und die Jungs zapfen müssen (Hint: Sex sells).
5. Bierpreis insgesamt: Wir hatten dieses Jahr ein Vereinsfest, EK-Preis beim Bier war um die 3,00 € je Liter. Kegel bekommt es von Beck's bei den großen Abnahmemengen und wegen dem Exklusiv-Vertrag sicher etwas günsitger. Den Rest könnt ihr euch ausrechnen.
6. Preise allgemein: Die Preise steigen jedes Jahr. In diesem Jahr gibt es dazu das Problem, dass viele Hilfskräfte der Catering-Branche während Corona andere Jobs gesucht haben. Da muss erstmal Personal beschafft werden, und das will wohl mehr als sonst. Zumal der Mindestlohn auch gestiegen ist. Analog gehen die ganzen Einkaufspreise hoch, von der Energie ganz zu schweigen. Ergo braucht KARO mehr Geld von Kegel und Kegel mehr Geld von den Standbetreibern, die dann mehr Geld von den Kunden haben wollen. Das System dahinter nennt sich Kapitalismus. Hört sich komisch an, ist aber so.
Und jetzt zur eigentlichen Liste:
Positiv:
- Taubertal-Festival ist halt wie heimkommen. Kaum auf dem Gelände treff ich schon drei bekannte Leute einfach entlang des Weges. Bei nem Festival mit 15k Gästen.
- Jamie Ginger auf der VIP-Tribühne war gut gemischt.
- hmm... scheint eine kurze Liste zu sein
Negativ:
- Infos zu diversen Regeländerungen auf dem Gelände und vor allem beim Camping kam wie üblich bei KARO viel zu spät. Die Info-Politik muss da echt mal besser werden. Auch wenn an den Konzepten bis zum Schluss gearbeitet wird, sollten die wichtigsten Änderungen wie Auto nicht neben Zelt mindestens 6 Monate vorher bekannt gemacht werden, damit sich die Leute drauf einstellen können.
- Turnbeutelkontrolle am Haupteingang. Ich hab jetzt seit Jahren den Hashbag von BR3 dabei. Weil ich in Eile war, hab ich den Trick, sich den Tascheninhalt in die Hosentaschen zu packen, verpennt. Klar hat mich der Kerl am Eingang zurückgewiesen. Ich hab nicht weit weg geparkt und konnte alles in das Auto zurückbringen. Aber angenervt war ich damit definitiv. Daher vielleicht auch die kurze Positiv-Liste für meinen kurzen Freitagabend-Aufenthalt. Dieses ganze Taschenverbot wegen Terror ist absoluter Humbug. Wenn was aufs Gelände soll, kommt es auch drauf. Oder wurde vorher schon platziert. Man kann große Rucksäcke gern verbieten. Aber ein Stoff-Turnbeutel? Ernsthaft? Es gibt Leute, die einfach $Dinge mit dabeihaben wollen/müssen. Und nicht alles ist für die Hosentasche geeignet. Zumal es auf dem Gelände dann keinen juckt, wenn die Leute Taschen umhängen haben. Und es an den Sponsorenständen oft genug kostenlose Bags gibt. Das ist doch genauso scheinheilig, wie das Verbot von Tetra-Packs.
- Am Freitag haben echt nicht allzuviele Bands gespielt. Dann aber auch noch eine Überschneidung von Flogging Molly mit Kraftklub hinzubekommen, ist schon eine Leistung. Zumal letztes Mal Kraftklub nur als Sondergast nachts um 1 Uhr auf der SfN spielen durfte, Flogging Molly dafür 3. Head des Abends war. Nach dem ersten Song von Kraftklub fiel die Entscheidung dann zugunsten von Flogging Molly aus und die Wahl war wohl weise. Celtic macht halt einfach Laune.
- Am Samstag war ich kurz oben bei dem, was vom Tauberplanscher-Camp noch übrig ist. Die Leute waren grad beim Abbauen. Es kam, wie alle es sich gedacht haben. Da die großen Bands jetzt alle in einer Ecke und am Storm sitzen, kommt es zur Soundschlacht. Nachdem das eine Großcamp wohl eine 10-Song-Mallorca-Hits-Dauerschleife hatte, die man schon von der Straße aus hören konnte, wurde das vom Camp nebenan mit einem röhrenden Bass, dafür immerhin mit Rock-Musik beantwortet. Die Nachruhe wurde wohl auch nur am ersten Abend eingehalten. Das war wohl selbst für hartgesottene TTF-Besucher zu viel, daher wurden die Zelte des Tauberplanscher-Camps am Samstag mittag abgebrochen.
Vom Veranstalter wird seit Jahren immer auf die Beschwerden der Stadtbewohner wegen der Lautstärke verwiesen und jedes Jahr neue Maßnahmen ergriffen, die Camps zu beschneiden in der Hoffnung, dass es was bringt. Aber das einzige, was wirklich was bringen würde, wäre konsequentes Durchgreifen der Security. Aber deren Tätigkeitswillen ist ja in den letzten 20 Jahren nicht besser geworden. Statt also für (Nacht-)Ruhe auf dem Platz zu sorgen und übermäßig aufgedrehte Anlagen zu unterbinden, dröhnt es eben weiter. Lasst die Leute wieder campen, wo sie wollen, aber dafür eben mit durchgesetzter Ruhe. Wer sich nicht dran hält, bekommt eine Verwarnung und bei der dritten Verwarnung fliegt das Camp vom Platz. Und das muss auch gegenüber der lokalen Bauernjugend umgesetzt werden, deren Eltern womöglich sogar die Felder gehören. Nur so ändert sich was.
- Campen neben Auto abzuschaffen ist blöd.
- Campen neben Auto zu erlauben, wenn man dafür 40 € extra löhnt, ist bigott. Leute, dann schlagt das halt aufs Ticket um. Aber bitte kommt nicht mit Corona, Terrorgefahr oder Kinderpornos (das wär der dritte Grund, der üblicherweise genannt wird, wenn in Deutschland eine miese Regel durchgesetzt werden muss).
- Großcamps nochmal extra viel viel mehr abzukassieren, geht dann natürlich mal gar net.
- Stimmung oben war wohl nicht berauschend. Das hab ich selbst bei meinem kurzen Besuch gemerkt.
- Dixis oben waren nach meinem Eindruck deutlich weniger als sonst. Vor allen Dixie-Batterien, die ich gesehen habe, waren lange Schlangen. Letztes Mal, als ich gecampt hab, gab es sowas eher selten.
Fazit:
Für mich war es leider nur ein kurzer Besuch. Von vielen Altstars hört man, dass es unwahrscheinlich ist, ob sie nächstes Jahr nochmal kommen. Wie sich das Taubertal-Festival weiterentwickelt, insbesondere durch die Beteiligung von BMG an KARO, muss sich in den nächsten Monaten entscheiden. Vielleicht wird es besser, vielleicht schlechter. Im Jahr 1 nach der Corona-Pause sollte man aber noch nicht alles abschreiben. Gebt unserem geliebten Tal nochmal ne Chance.